Firmenphilosophie

Um unsere Firmenphilosophie zu erklären, müssen wir erst ein Phänomen beleuchten, das in vielen Kulturen zu unterschiedlichen Epochen auftaucht, nämlich die Tatsache, daß Gruppierungen von Menschen, deren Hauptbeschäftigung der Kampf ist, gleichzeitig auf gewisse moralische Werte pochen. Mittelalterliche Ritter pflegten spezielle Tugenden, die sogenannte ‘Höflichkeit’, also das korrekte Verhalten bei Hofe. Die japanischen Samurai, ebenso wie die koreanischen Hwarangdo-Ritter richteten ihr gesamtes Leben nach einem strengen Ehrenkodex aus. Und bei allen asiatischen Kampfsportarten, welche ein ‘Do’ im Namen haben, gibt es Ähnliches, zum Beispiel die Taekwondo-Tugenden Ye Ui (Höflichkeit), Yom Chi (Integrität), In Nae (Durchhaltevermögen, Geduld), Guk Gi (Selbstdisziplin) und Baekjul Boolgool (Unbezwingbarkeit). Jetzt stellt sich die Frage, warum man sich mit solchen Dingen befassen muß. Man könnte doch einfach fröhlich das Schwert schwingen oder heutzutage die Fäuste. Und wie bringt man, wenn man es denn überhaupt versucht, so hehre Ziele in Zusammenhang mit einem modernen Leben voller Zwänge und Normen? Für uns haben wir diese Fragen folgendermaßen beantwortet:

Wenn ich ein gewisses Maß an Techniken erlernt habe und in der Lage bin, einen anderen Menschen so zu verletzen, daß er für den Rest seines Lebens diese Verletzungen spürt, dann muß ich mich entscheiden, was ich mit diesen Fähigkeiten anstelle. Für uns bedeutet das auf der einen Seite die Sicherheit, die meisten gefährlichen Situationen unbeschadet oder größtenteils unbeschadet zu überstehen. (Natürlich nicht alle. Siebenundzwanzig bis an die Zähne bewaffneten Hooligans sollte man besser aus dem Wege gehen, wenn man nicht gerade ein Fernsehheld ist.) Auf der anderen Seite bringt dieses Wissen Verantwortung mit sich. Erstens die Verantwortung für unser eigenes Verhalten. Zweitens die Verantwortung für die Menschen in unserer Umgebung, die sich nicht selbst wehren können. Und drittens, und das ist das unbequemste von allem, die Verantwortung für die Gesundheit unseres Angreifers.

Ein Szenario: Ich lerne seit fünf Jahre Kampfsport und bin der Meinung, ich könnte alle Techniken in Perfektion. Ich habe dieses Wissen aber noch nie außerhalb der Sporthalle angewandt, und irgendwie wüßte ich doch ganz gern, ob die Sachen alle so klappen wie ich sie gelernt habe. Jetzt bin ich in der Kneipe oder am Bahnhof oder sonstwo und gerate in eine Pöbelei. Ich könnte weggehen, aber ich bin so ein toller Kampfsportler, daß ich mal ausprobieren will, ob ich was kann. Und das Ende vom Lied ist, daß mein Angreifer für den Rest seines Lebens ein steifes Bein hat, weil ich einen technisch perfekten Tritt zu seinem Knie ausgeführt habe, oder einen kaputten Kiefer, weil die Faust richtig saß. Lassen wir die rechtlichen Konsequenzen außer Acht, so bleibt trotzdem die Frage, wie ich damit lebe, daß ich jemanden so schwer verletzt habe, daß er für den Rest seiner Tage mit Schmerzen lebt. Vielleicht hätte ich ihm einfach nur den Arm verdrehen können, denn Hebel habe ich auch gelernt. Oder weggehen und mir ein paar Beleidigungen nachbrüllen lassen.

 

Wir versuchen unseren Schülern Techniken an die Hand zu geben, damit ihnen eine Situation wie diese nicht zustößt. Es gibt unendlich viele Möglichkeiten, sich ohne bleibende Schäden zu verteidigen. Man kann sich aus einer Umklammerung befreien, man kann einen Schlag nur abwehren, man kann einen Hebel ansetzen, eine Person werfen, und erst danach, wenn nichts anderes funktioniert, kann man schlagen oder treten. Wenn man genug gelernt hat, hat man die Wahl und man trifft die Entscheidung, wie viel oder wenig Schaden man anrichtet. Und wenn ich mich entscheide, einen anderen Menschen nicht zu verletzen und selbst danach im Krankenhaus liege, habe ich diese Entscheidung in Eigenverantwortung gefällt. Andersherum, wenn ich in einer Situation so ein Bedrohungsgefühl habe, daß der Hebel nicht mehr klappt und ich trotzdem trete und jemandem etwas breche, dann muß ich damit leben, mit allen Konsequenzen. Wir hüten uns davor, jemandem zu sagen, was in dieser Hinsicht richtig oder falsch ist, denn jede Situation ist anders, und jeder Mensch entscheidet nach seinem eigenen Gewissen. Wir können nur verschiedene Alternativen anbieten und jeden Tag ein bißchen an uns arbeiten. Deshalb heißt ‘Do’ auch ‘Weg’.